Labelchefs und Produzenten “Marc et Claude” im Interview

Mit Ihrem Label Alphabet City und deren Unterlabeln “Le Petit Prince”, “Go For It” und “Drop Out” haben die beiden Mönchengladbacher Marc Romboy und Klaus Derichs bereits seit Anfang der Neunziger ein gutes Stück deutscher Technokultur mitbestimmt. Nach einiger Zeit hinter den Kulissen meldeten sich Marc et Claude 1997 auch als Produzenten- und DJ-Team zurück und erreichten mit Singles wie “La” und “I need your Lovin’” auch im neuen Millenium weltweite Anerkennung und Chartplatzierungen. BCM sprach mit der einen Hälfte des Gespanns, Marc Romboy, unter anderem über das aktuelle Album “You Own the Sound”.

Mit “You Own the Sound” kommt im Juni ein Longplayer auf den deutschen Markt, den man fast als eine Art ‘Best Of’ Album oder auch ‘Anthology’ von Marc et Claude sehen kann, war das auch so gedacht?
Es ist eigentlich ein reiner Zufall, dass das Album gerade jetzt fertig geworden ist. Unser zehnjäriges wäre ja auch in dem Sinne schon letztes Jahr im November gewesen, als wir noch mitten auf Tour waren.

Angefangen habt Ihr als Produzenten also bereits 1992, wie kamt Ihr eigentlich darauf mit Musik Euer Geld zu verdienen?
Der Schritt zum Vollzeit Musik machen, kam eigentlich mit der Gründung von Alphabet City bzw. Le Petit Prince, die nach einiger Zeit so erfolgreich wurden, dass wir uns entscheiden mussten was die Zukunft bringen sollte. Klaus war gerade mit dem Studium fertig, ich noch mitten im Medizin-Studium und als wir die Möglichkeit sahen allein von der Musik zu leben, fiel die Entscheidung eigentlich nicht mehr sehr schwer.

Gerade “Le Petit Prince” brachte zwischen ’93 und ’95 einige der großen Stars und Hymnen der Szene hervor. Das fallen einem Namen wie “RMB”, “Microwave Prince” und natürlich “Marc et Claude” ein. Die Aufmachung des Labels war für die Zeit jedoch eher untypisch. Wie genau kam es eigentlich zu dem “kleinen Prinzen”?
Der Gedanke hinter dem Label war zunächst die Musik, die uns und unseren Freunden zu machen am Herzen lag. Der kleine Prinz steht eben wie auch in dem Buch, dafür etwas mehr von Herzen zu tun als nur mit dem Verstand. Das sollten zum Beispiel auch unsere Plattencover mit zum Ausdruck bringen, die immer verspielt und träumerisch aussahen, im Gegensatz zu den meisten anderen Labels die besonders zu der Zeit eher spacig daherkamen.

Die Arbeit am Label “Le Petit Prince” hat die Künstler Marc et Claude dann anscheinend eine ganze Zeit von der Arbeit an eigenen Tracks abgehalten. Wie genau war da die Entwicklung?
Durch den enormen Erfolg den wir mit LPP hatten wurde unsere eigene Studiozeit immer mehr beschnitten, letztenendes so stark, dass wir ab ’94 für gar keine eigenen Produktionen mehr Zeit hatten. 1997 waren wir dann aber wieder motiviert genug, dass wir sozusagen den inneren Schweinehund besiegen konnten und uns einfach Jürgen Driessen von Important Records geschnappt haben, ins Studio gegangen sind und “La” aufgenommen haben.

Mit “La” war der Durchbruch aber auch noch nicht sofort geschafft. In Deutschland zunächst ein recht erfolgreiches Trancestück allerdings ohne weitreichenden Charterfolg. Wie kam es, dass eben dieses Stück auf einmal weltweit solche Aufmerksamkeit erhielt?
Da kann man mit Sicherheit sagen, dass Ferry Corsten einen entscheidenden Part spielte. Woran sich die meisten heute schon nicht mehr erinnern, ist das Trance bis 1997 in England praktisch keinen interessiert hat. Der enorme Hype ging mit einer Nummer von Ferry los “Out of the Blue” von System F., und bevor diese Single gechartet ist gab es einen Ferry Corsten Remix von “La” der auf Positiva gesignt war. Der große Vorteil wenn man in England einen Hit landet ist die enorm mächtige Musikpresse, die nicht zuletzt weil sie englischsprachig ist, nicht nur in Europa sondern eben auch in Australien, Asien und den Amerikas Aufmerksamkeit bekommt. So wurden wir dann eigentlich erst richtig bekannt.

Seit dem konnte man Marc et Claude als DJ-Team praktisch schon rund um den Globus erleben, wie stellt sich da Eure Planung für die Zukunft dar, weiter fleissig touren?
Bis ins letzte Jahr haben wir immer alles gemeinsam gemacht, sei es Auflegen, Produzieren oder Promotionauftritten nachkommen. Klaus ist mittlerweile zum zweiten mal Vater geworden und hat sich entschlossen nicht mehr mit auf Tour zu gehen und der Familie den Vorrang zu geben. Er ist natürlich weiter im Studio und bei Lokalterminen dabei, DJ-mäßig wird Marc et Claude in Zukunft dann allerdings von mir allein repräsentiert und da ich dessen auch noch nicht ganz so müde bin wird natürlich fleissig weitergetourt.

Die Nachfrage nach Tourdates ist ja sicherlich mit dem großen Erfolg von “I need your Lovin’” nicht gerade weniger geworden. Vielen kam diese Nummer noch aus früheren Zeiten bekannt vor?!
In der Tat gab es Mitte der Neunziger diese Nummer als Breakbeatstück von Baby D., welches auch besonders in England ein ziemlicher Hit war. Das Original von den “Korgies”, dass wir dann sozusagen ge-Resampled haben stammte von 1981. Dazu gibt es auch noch eine nette Geschichte, denn eben diese Band wurde von Positiva, unserem englischen Label, dazu überredet mit uns gemeinsam bei den englsichen “Top of the Pops” aufzutreten um den Song zu performen, was glaube ich für alle beteiligten ein Riesenspaß war!

Auf dem Album gibt es ja diverse Gastvocals, unter anderem von einer anderen großen Stimme der achtziger, Tony Hadley von Spandau Ballet. Wie kam es zu dieser Zusammenarbeit, brauchte es viel Überredungskunst einen ‘Edelpopper’ für eine Tranceplatte zu gewinnen?!
Wir alle drei, die wir an der Platte mitgearbeitet haben, also Klaus, Jürgen und ich, hatten eine Liste gemacht, mit Namen von Künstlern mit denen wir einmal gerne zusammenarbeiten würden. Tony Hadley stand bei allen drei weit oben und als sich über einen befreundeten DJ auf Ibiza der Kontakt ergab, hatten wir uns kaum versehen und saßen mit ihm im Studio. Was am Ende dabei raus kam, ist eine interessante und wirklich schöne Zusammenarbeit.

Eine weiterer Gast auf dem Album war Maria Nayler, die Stimme von Robert Miles’ “One on One”?!
Auch ein ganz großer Wunsch, der uns mit diesem Arrangement in Erfüllung gegangen ist. Maria hat eine außergewöhnliche, grazile Stimme, die man unter tausenden heraus erkennt. Und auch die Tatsache, dass sie bei der Aufnahme gerade hoch schwanger war (oder vielleicht auch grade deswegen!) hat ihren stimmlichen Qualitäten nichts anhaben können.

Eine Tatsache, die alles andere als selbstverständlich ist, ganz besonders bei Dance Alben, ist das enthaltene Textbooklet. Man bekommt hier direkt das Gefühl hier wird nicht enfach nur dahingeträllert, sondern die Songs haben auch eine Aussage. Wer schreibt bei Euch die Texte?
In der Regel schreiben wir die Texte selber, bei Maria und Tony war das natürlich noch etwas anderes, die haben an Ihren Texten selber gefeilt, einem so erfahrenen Künstler mit einer so prägnanten Stimme etwas auf den Leib zu schreiben ist lange nicht so einfach, wie es für ihn selber ist an den passenden Sound zu kommen. Daher haben wir uns da vornehm im Hintergrund gehalten.

Das Album als Ganzes gesehen ist überhaupt sehr facettenreich geraten, das könnte den einen oder anderen überrraschen der viellecht ein tranciges Hitalbum erwartet. Hing die Unterschiedlichkeit der Tracks auch mit den Gastsängern zusammen oder war das Konzept von Anfang an darauf ausgelegt einen Rundumschlag zu machen?!
Ich würde es keinesfalls als Rundumschlag bezeichnen. Wir haben viele unterschiedliche Stücke aufgenommen, einfach auch um möglichst viele Nuancen unserer Arbeit aufzuzeigen. Es gibt meiner Meinung nach kaum etwas schlimmeres als ein Album das nach dem ersten Charthit im Hauruckverfahren in einem oder zwei Monaten zusammengezimmert wird und dann in die Läden kommt. So etwas haben die Leute denke ich auch schnell wieder satt. An “You own the Sound” haben wir, wenn man so will jetzt sieben oder acht Jahre gearbeitet, da kann man glaube ich schon etwas mehr erwarten. Daher haben wir Stücke wie “Laserbeam Butterfly” oder “The History of Acid House” auch besonders ins Herz geschlossen.

Sollte jetzt jemand befürchten es gäbe auf dem Album also keinen Marc et Claude Clubsound zu hören, der irrt natürlich gewaltig?!
Na klar. Unsere großen Hits sind natürlich alle mit dabei :)

Und eben die gibt es natürlich auch zu hören wenn man Dich hinter den Turntables erwischt. Wann wird man hier in Deutschland das nächste mal die Gelegenheit dazu bekommen?!
Um ehrlich zu sein, in nächster Zeit wohl erstmal nicht. Ich habe noch diverse Gigs im (vornehmlich warmen und sonnigen ;-)) Ausland und dann gibt es auch erstmal eine Winterpause in der wir wieder im Studio sind.

Aha, das habt Ihr natürlich geschickt eingefädelt, denn jetzt müsssen alle los und das Album kaufen wenn sie Euch hören wollen!
LOL, Genau so ist das gedacht!

Dann bleibt eigentlich nur noch Danke zu sagen, es war nett mit Dir zu plaudern und Alles Gute zu wünschen, sowohl hinter den Reglern als auch Privat!
Herzlichen Dank!

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