DJ und Produzent ATB im Interview

Es gibt wenige internationale Künstler, die ihren eigenen Stil geprägt haben, es aber trotzdem immer wieder schaffen, mit jedem Song anders zu klingen.
Man kennt das Gefühl, wenn man einen Song zum ersten Mal im Radio hört und ihn sofort mit einem Künstler verbindet. André Tanneberger hat es wie kein anderer geschafft, jeden seiner Tracks mit einem eigenständigen Spirit zu versehen, aber dennoch zu überraschen und immer ATB zu bleiben.

Du bist mittlerweile seit 11 Jahren in verschiedenen Bereich erfolgreich im Musikgeschäft. Einmal als Produzent, andererseits als DJ. Wie hat sich die Musikszene, besonders im Dancebereich, verändert?
Ich bin ja nicht seit 11 Jahren extrem erfolgreich. Das ging Stufe für Stufe und ich muss sagen, ich bin froh darüber, dass es nicht direkt von 0 auf 100 ging, sondern dass ich mich hochgearbeitet habe. In dieser langen Zeit erlebt man natürlich auch eine Menge Veränderungen in der Dance-Musik. Die Musik ist mal schneller gewesen, dann ist sie wieder langsamer geworden, dann housiger, dann tranciger. Man durchlebt ja alles, aber so eine Krise, wie wir sie zur Zeit haben, so was hatten wir selten und nun heißt es halt, zu überleben und die Fahne oben zu halten. Die Karten werden jetzt neu gemischt und man darf gespannt sein, wie die Zukunft der Dance-Musik aussieht.

Von “9 P.M. (Till I Come)” bis “Ecstasy” – wie hast Du Dich soundmäßig entwickelt? Was macht den ATB-Sound aus?
Es was ja schon so, dass immer, nachdem ich einen Hit hatte, die Kritiker ganz schnell da waren und gemeint haben, das wäre eine Eintagsfliege. Aber ich habe denen immer wieder irgendwie bewiesen, dass ich wandelbar bin wie ein Camäleon, zum Beispiel der Wechsel von instrumentalen zu gesanglichen Tracks. Am Wichtigsten war mir immer, dass ich zwar verschieden klinge, aber trotzdem eine gewisse Note zu erkennen ist. Was genau meine Note ist, kann ich noch nicht mal selber erklären. Ich denke, es ist ein Stil, der sich immer wieder ein bisschen einschleicht und den man dann auch raus hört.

Dein aktuelles Album heißt “No Silence” und ist seit Ende Mai erhältlich. Wie ist der Entstehungsprozess von dem Album?
Ich setz mich einfach hin und fang an. Klar, diesmal hatte ich schon ein Konzept – eben “No Silence” – d. h. auf diesem Album gibt es keine Stille, keine Pausen. Was nicht bedeutet, dass es ein Mix-Album ist, denn dann wäre ja von Anfang bis Ende ein Beat nud so ist es nicht. Die Pausen sind mit Soundpassagen gefüllt, so dass man gar nicht mitbekommt, dass der Beat vorher schneller und jetzt langsamer oder andersrum ist. Es ist ein Spannungsbogen von vorne bis hinten. Wie ein großer Song, der 64 Minuten lang ist und einen auf eine sehr gefühlvolle Reise mitnimmt. Natürlich habe ich dabei auch wieder mit Gast-Sängerinnen gearbeitet. Hauptsächlich mit der Engländerin Tiff Lacey, mit der ich auch “Marrakech” gemacht habe. Dann noch 2 Sängerinnen aus New York sowie einem männlichen Gesangspart. Es ist insgesamt ein sehr buntes Album!

Gibt es Künstler oder Projekte, mit denen Du gerne mal zusammenarbeiten würdest?
Das ist immer eine gute Frage. Wenn sich irgendwas ergibt, dann schon. Aber es ist jetzt nicht so, dass ich jemand ganz bestimmtes im Kopf habe. Schöne Zusammenarbeiten ergeben sich oft ganz spontan, wie jetzt mit meinen neuen Sängerinnen auf dem Album, wo plötzlich ganz neue und ausgefallene Sachen bei herauskommen, was man vielleicht so gar nicht vermuten würde. Durch Spontanität entsteht das Meiste, deswegen plane ich nicht, mit wem ich zusammenarbeite.

Du warst in letzter Zeit auch viel im Ausland unterwegs: zuletzt gab es eine Amerika-Tour. Gibt es einen entscheidenden Unterschied zur deutschen Club-Szene?
Jein. Wenn die Stimmung gut ist, ist es überall geil! Grundsätzlich kann man aber sagen, dass die Szene in Amerika und teilweise auch in anderen Ländern schon um einiges euphorischer ist, als man es in Deutschland erlebt. Das liegt ganz einfach daran, dass in Deutschland eine extreme Ausschlachtung passiert ist und das die Leute einfach nicht mehr wissen, wohin sie gehen sollen, weil sie überall hingehen können und ihnen überall etwas ganz Besonderes geboten wird.

Wie fand Deine DJ-Karriere eigentlich ihren Ursprung?
Ich hab erst produziert und hab mich irgendwann mal gefragt, warum die Djs meine Sachen nicht spielen. Da hab ich gemerkt, mir fehlt einfach der Kontakt zum Publikum. Und das war dann vor 7 Jahren der Punkt, an dem ich angefangen habe aufzulegen. Seit dem sind meine Produktionen auch viel clubtauglicher geworden!

Gibt es einen Club, in dem Du immer wieder gerne auflegst? Hast Du eine Residency?
Ich hatte mal eine Residency in Bochum. 6 Jahre habe ich im Tarmcenter aufgelegt, aber die haben seit 2 Jahren dicht und seitdem habe ich mich gesträubt eine Residency anzunehmen. Insgesamt muss ich allerdings sagen, dass im Osten zur Zeit am besten gefeiert wird.

Was sind Deine musikalischen und persönlichen Ziele 2004?
Jetzt kommt erstmal die neue Single “Ecstasy” raus und ich hoffe, das ich die Leute nicht enttäusche. Ich werde im Sommer erstmal ein wenig zurück lehnen und im Herbst dann wahrscheinlich schon wieder mit einem neuen Album anfangen.

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